»Die Postkarte« mit Anne Berest, Niklas Maak, Marie-Lou Sellem

Anfang Januar 2003 fand Anne Berests Mutter zwischen den üblichen Neujahrswünschen in ihrem Briefkasten eine Postkarte. Auf ihr standen lediglich vier Namen: Ephraïm, Emma, Noémie und Jacques, sonst nichts. Annes Mutter Lélia hatte sofort eine Verbindung zu den vier Genannten. So hießen ihre Großeltern, ihr Onkel und ihre Tante, die alle 1942 in Auschwitz umgekommen waren. Diese Menschen waren ermordet worden, weil sie Juden waren, und sechzig Jahre später schickte jemand eine Postkarte, auf der nur ihre Vornamen standen, ohne weitere Erklärung. Wer verschickt solch kryptische Nachrichten? Und warum ohne Absender? Das Ganze war ziemlich beängstigend. Und weil es so merkwürdig war, landete die Postkarte in einer Schublade unddie Familie sprach nie wieder darüber.

Bis ungefähr fünfzehn Jahre später ein anderes Kind auf dem Schulhof zu Annes ältester Tochter – sie war damals erst 6 – sagt: »In meiner Familie mögen wir keine Juden.«

Mit »Die Postkarte« gelang Anne Berest ein literarischer Coup  – das Buch war auf der Shortlist sämtlicher großer Literaturpreise in Frankreich und stand dort seit Erscheinen weit über ein Jahr auf der Bestsellerliste. Den Abend moderiert der Redakteur für Kunst und Architektur im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und Harvard Gastprofessor für Architekturgeschichte Niklas Maak. Aus der deutschen Übersetzung von Michaela Meßner und Amelie Thoma liest die Schauspielerin Marie-Lou Sellem.

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